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МИСЛЕНЕ ДРЕВО

Ми робимо Україну – українською!

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Микола Василько справоздання Володимиру Темницькому, Берн, 22 липня 1919

Переклад Дмитра Буріма

Bern, 22 Juli 1919

Verehrter Herr Minister!

Ich bin am 11 ds. hier angekommen, so dass ich nunmehr gerade 10 Tage in Bern befinde. Trotz meines Bureau – Organisations- gewandten Legationsrat Reiss, hat es doch 5 Tage gedauert, bis ich überhaupt das Bureau betreten konnte. Lokalität, Einrichtung, Organisation, Arbeitskräfte, Arbeitseinteilung, Registratur – alles hat sich in einem unglaublichen Zustande befunden.

Hiebei will ich keineswegs behaupten, dass das Personale meines Vorgängers durchwegs unbrauchbar sei – jedoch sie arbeiteten durch – und neben – doch keineswegs miteinander oder – gar nicht! Herr [Alexander] Gladyschowskyj ist das, wofür ich ihn bei meiner ersten Bekanntschaft hielt: tüchtig, fleissig – unaufrichtig!

Beziehungen hatte mein Vorgänger nahezu gar keine: Er wurde in der Eigenschaft einer Art Konfidenten für ukrainische Angelegenheiten vom hiesigen politischen Departement benützt; sonst kannte ihn aber überhaupt persönlich hier Niemand! Wohl scheint er durch Zwischenpersonen auch für einzelne andere Missionen (Gesandtschaften) Nachrichten geliefert zu haben. Auf diese Weise hat er gemeinsam mit [Artem] Halip überall verbreitet, ich wäre gar nicht Vertreter der Regierung [Symon] Petljuras, sondern nur von Ihnen, einem Geheimagenten der ukrainischen Bolschewiken und galizischen Ukrainer, welcher überhaupt mit der Regierung [Symon] Petljuras nichts zu tun hat, ernannt. Glücklicherweise besitze ich das Schreiben [Symon] Petljuras, welches ich immer und überall in der Tasche haben muss, um mich zu legitimieren.

Mein erster Besuch war beim Chef des Auswärtigen Amtes (gleichbedeutend mit Staatssekretär des Aeussern) [Charles] Paravicini. Anfang kühl wenn auch nicht unfreundlich, habe ich ihn in einer halben Stunde sichtlich mir nahegebracht. Trotzdem nicht so nahe, als dass er mir die Einreise Tureks und Trubetzkojs bis dato bewilligt hätte. Er spricht von «notwendigen Erhebungen». Auf Umwegen erfahre ich, dass Auskünfte meines Vorgängers diese beiden belasten.

Gestern wurde ich vom Bundesrat [Felix] Calonder (Chef des Politischen Departements – eine Art Ministerpräsident) empfangen. Die Audienz verlief sehr gut. Ich übergrab ihm Ihr Einführungsschreiben, und dankte ihm im Namen [Symon] Petljuras für das werktätige Entgegenkommen, die Gastfreundschaft, welche unsere Staatsangehörigen während des ganzen Krieges in der Schweiz gefunden und versicherte ihn, dass [Symon] Petljuras und mein Minister sich dessen bewusst sind, welche Bedeutung für die Ukraine die Schweiz schon vom Gesichtspunkten als Zufluchtsstätte ihrer geistigen Arbeiter hat, dass auf dem freien Schweizer Boden für Sibirien bestimmte Geistesgrössen unserer Nation ihre literarischen Arbeiten vollendet haben und dass daher schon von diesem Gesichtpunkte es meine Aufgabe sein wird, nichts hier zu unternehmen, was den Intentionen der Schweizer Regierung widerspricht. Diese meinerseits gut vorgetragene Erklärung hat auf [Felix] Calonder, der ein eingebildeter, nur diplomatisch getünchter Gelehrte ist, sichtlich besten Eindruck gemacht: Mit Wärme sprach er sein Bedauern aus, dass die Schweiz uns noch nicht anerkennen konnte; verwies darauf, dass dies keineswegs einem mangelnden Verständnisse ihrerseits für die ukrainische Sache entsprang, sondern nur dem Zwange, sich der Haltung der Ententemächte anzupassen; sprach aber die bestimmte Hoffnung aus, das sich die Verhältnisse so gestalten werden, dass unsere Anerkennung wird erfolgen können und berührte nun die Völkerbundsfrage. Da ich darüber informiert war, dass [Felix] Calonder speziell darin Spezialist ist und eine ganze Bibliothek verschrieben hat, hatte ich mich auf dieses Thema vorbereitet, wodurch ein interessantes, und, da ja der Völkerbund in Genf tagen und [Felix] Calonder zweifellos eine grosse Rolle dortselbst spielen wird, vielleicht auch sehr nützliches Gespräch sich zwischen uns entwickelte. Mit den Worten «ich glaube wir werden uns sehr gut verstehen und vertragen» wurde ich nach ¾ Stunden verabschiedet.

Mykola Lewickyj und Legationsrat Reiss sind bei [Charles] Paravicini schon persönlich bestens eingeführt – auch [Felix] Calonder dürfte in einiger Zeit [Mykola] Lewickyj empfangen.

Sehr vorsichtig muss ich gegenständlich Besuch bei den fremden Diplomaten vorgehen. Mein erster Besuch galt Herrn [Pavel] Baráček [-Jacquier], dem Chargé d’Affaires der Czecho-Slovakei, welcher direkt mich fragte, von wem ich eigentlich ernannt sei und offenbar zuerst meine Legitimation bezweifelte. Der Brief [Symon] Petljuras, welch letzterer glücklicherweise, trotzdem [Eumenes] Lukaschewytsch nichts dafür tät, eine klangvollen Namen auch hier hat, beruhigte ihn sichtlich und er lies mich etwas in seine Pariser Informationen blicken. Tröstliches hatte er mir allerdings wenig zu sagen: Wir mögen vor allem mit den Rumänen and via England mit [Alexander] Koltschak und [Anton] Denikin Vereinbarungen suchen. Sehr schlecht spricht er über die Polen und sagte mir, er habe denselben bei jeder Gelegenheit zu verstehen gegeben «die Einverleibung Ostgaliziens schwäche ihre Bündnisfähigkeit»!

Dank [Artem] Halip habe ich meine ausgezeichnet gewesenen Beziehungen zur hiesigen Englischen Gesandtschaft verschüttet gefunden: Mein Minister ist Bolschewik – und ich bin ein «Boche»! Hier nützt mir Reiss kolossal – trotzdem ich noch bei der englischen Gesandtschaft nicht war, (bevor mein Besuch bei [Felix] Calonder erfolgte durfte dies auch offiziell nicht geschehen) wird mich morgen, Mittwoch, nachmittags 5 Uhr, M[iste]r Gibson, der die rechte Hand des [David] Lloyd George bei den Friedensverhandlungen mit Deutschland in Paris war und sich gegenwärtig auf der Durchreise hier befindet, persönlich aufsuchen.

In der Beilage übermittle ich einen schriftlichen Bericht der Herren [Mykola] Lewickyj und Reiss über ihr mit dem Legationsrat der hiesigen englischen Gesandtschaft am 18 ds. gepflogenes Gespräch. Derselbe ist ein Beleg für meinen an der Herrn Minister schriftlich erstatteten Antrag durch Grotter vom 15 ds. Mts.

Wenn ich meine bisherigen hiesigen Eindrücke zusammenfassen soll, so sehe ich für uns nur in folgenden 3 Punkten irgendeine Hoffnung:

1) Vorbedingung: dass wir uns wenigstens auf dem Gebiete der grossen Ukraina und speziell im Kampfe gegen die Bolschewiken behaupten,

2) dass wir via England die Herren [Alexander] Koltschak, [Anton] Denikin und den in Paris eine grosse Rolle spielenden Herrn [Vasil] Maklakow für den «Augenblick» beruhigen,

3) dass wir in Genf beim Völkerbund, der unbedingt zustandekommt, mit Personal und Material wohlgerüstet erscheinen.

Was die Reise des Herrn Ministers nach London anbelangt, so werde ich, da dieselbe in «offizieller Eigenschaft» erfolgen soll, mich mit einer offiziellen Note im Wege der hiesigen Gesandtschaft an die englische Regierung wenden und wird dieselbe von Herrn [Arnold] Margoline via Paris unterstützt werden. Mit der Überreichung dieser Note warte ich bis zu meinem morgigen Gespräch mit Gibson.

[Volodymyr] Tymoschenko befindet sich in Paris, Hotel Balzac. Gegenständlich der Reiseroute und der Sicherstellung der finanziellen Angelegenheiten für [Arnold] Margoline, über welche Grotter dem Herrn Minister zu berichten hatte, erwarte ich auf mein gestriges Telegramm telegrafischen Bescheid. Kann nicht genug betonen, dass [Arnold] Margoline ein ganz besonders tüchtiger, fleissiger, rühriger und verlässlicher Mitarbeiter ist. Dass Kollege [Vjatscheslav] Lipinskyj sich doch zur Mitreise entschlossen hat, ist von allergrösster Bedeutung. Ich weiss bestimmt, dass England über ihn eine sehr gute Meinung hat.

Die deutschen Vertretungen hier machen alle Versuche, sowohl die offiziellen wie die nichtoffiziellen, mit mir in Beziehungen zu kommen. Der deutschösterreichische Gesandte, Baron [Stefan] Haupt [-Buchenrode] hat mir den ersten Besuch gemacht. Sogar Graf [Werner von] Alvensleben will mich sprechen. Dem letzteren liess ich sagen, dass er mich offiziell in der Gesandtschaft besuchen kann. (ich gehe von dem Standpunkte aus, dass mich in meinem Bureau Jedermann aufsuchen darf, dass ich aber keineswegs geheim Zusammenkünfte abhalten kann). Dem reichsdeutschen Gesandten, Herrn [Adolf] Müller, habe ich durch eine Vertrauensperson sagen lassen, ich müsse zuerst die anderen Besuche machen, werde aber bestimmt bei ihm sein. Diese Vertrauensperson hat ihn meiner loyalen Gesinnung versichert und so ist er beruhigt. Anders durfte ich nicht handeln, denn ich wurde aufmerksam gemacht, dass wenn ich zuerst zu den Deutschen gehe, ein Verkehr der Ententediplomaten mit mir ausgeschlossen ist.

Zum Schlusse will ich über meine anderen amtlichen Vorbereitungen nur berichten, dass ich mit der Schweizer Telegraphenagentur ein neues Abkommen habe (die Sache war nicht so leicht, da auch hier mein Vorgänger, leider aber auch [Alexander] Gladyschowskyj schädigende Vorbereitungen getroffen haben). Glücklicherweise hat [Dmytro] Donzow gar kein Geld, daher er mit 1500 Francs monatlich als journalistischer und literarischer Konsulent voraussichtlich ruhig sein wird.

Universitätsprofessor D[octo]r Eugen Ehrlich (berühmter Jurist, Soziologe und Pazifist) der beim Völkerbund eine grosse Rolle spielt, bekommt 1000 Francs monatlich und schreibt schon an einem grossen Artikel, worin er vom pazifistischen Standpunkt die Pariser Entscheidung gegenständlich Ostgalizien bekämpft; Glücklicherweise ist das «Journal de Généve» ohnehin gegen [Georges] Clemenceau und glaube ich diesen Artikel dort unterbringen zu können. Uebrigens wird es schon nützlich sein, wenn nur die sehr verbreitete pazifistische «Friedenswarte» [Eugen] von Ehrlich beeinflusst wird.

[George] Gazenko sagt, er habe alle seine Akten dem Pater [Franz] Bonn übergeben. Übrigens will er sich persönlich zu Ihnen nach Wien «bemühen». Ich sage «bemühen», denn Herr von [Georges] Gazenko ist ein wahrer «von»! Trotzdem möchte ich über ihn nicht ganz den Stab brechen: Er ist intelligent und sehr gewandt und hat tatsächlich hier in der Schweiz auch einige gute Ententebeziehungen. Von Intrigen seinerseits ist mir nicht bekannt; allerdings war es ein furchtbarer Fehler, einen solchen jungen «Kavalier» als Gesandten in die «Lebestadt» Bukarest zu schicken. Doch wäre ich dafür, dass er irgendeine «Salondiplomaten» – Verwendung fände.

Ich bin noch nicht dazugekommen, den mir in der Zuschrift des Herrn Ministers vom 8. Juli aufgetragenen Bericht gegenständlich Rechnungsabschlüsse [Eumenes] Lukaschewytsch, Voranschlag, etc. fertigzustellen – mein hiesiger Kanzleidirektor, Herr Wanderbrigen, ist ein prächtiger, aber schwerfälliger Mann; dazu fehlen mir in der Registratur der Kanzlei alle Normalerlässe der Regierung; wenn nicht Mykola Lewickyj manche derselben im Kopfe hätte, würde es überhaupt nicht möglich sein, sich ein Bild über die gebührenden Bezüge, etc. zu machen.

Eine Erbschaft des Herrn [Eumenes] Lukaschewytsch, welcher sich übrigens noch hier befindet, ist auch der von ihm beangabte Transport Schweizer Fabrikate nach Odessa, welcher in Marseille angekommen, von den Franzosen ans Land geworfen wurde, weil Herr [Eumenes] Lukaschewytsch die Schiffsfracht nicht bezahlt hat. Unter der Hand erfahre ich, dass die Schweizer Fabrikanten voraussichtlich demnächst hier einen riesen Lärm schlagen werden. Tatsache ist, dass, als ich gestern meinen Direktor in die italienische Gesandtschaft zwecks Visum für den Pass des Herrn [Eumenes] Lukaschewytsch samt Familie schickte, das Visum für Herrn [Eumenes] Lukaschewytsch verweigert wurde. Ich warte auf [Alexander] Sewriuk um die Sache klarzustellen. In die Affaire mit der Schiffsladung soll leider auch [Evgen] Sokowycz, dem ich gar nichts vorzuwerfen habe, verwickelt sein, ich glaube, das Drängen [Alexander] Gladyschowskyjs, hier zu bleiben, ist auch damit in Zusammenhang.

Aus dem Obigen werden Herrn Minister wohl ersehen, dass mich hier schwere Sorgen bedrücken.

Ergebenst

[Mykola] Wassilko

Переклад Дмитра Буріма

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Друкується за копією з водяними знаками, машинопис / ЦДАВО України Ф. 3696. – Оп. 2. – Спр. 696. – Арк. 34-39.


Опубліковано

Архів Української Народної Республіки. Міністерство закордонних справ. Дипломатичні документи від Версальського до Ризького мирних договорів (1919–1921) / Упоряд.: Валентин Кавунник. – Київ: Інститут української археографії та джерелознавства ім. М. С. Грушевського, 2016. – С. 475-479.